Es gibt wissenschaftliche Berichte, welche zur nächsten Jahrhundertwende Sommer-Temperaturen in Mitteleuropa - also in einer bisher gemäßig deklarierten Klimazone - von 5-7°C höher als bisher prognostizieren.
Wir reden ja meist von der Klimaerwärmung und dem 1,5°C-Ziel als gewünschtes Maximum der Erwärmung und dieser Wert ist ein weltweiter Durchschnitt. Das genau ist die Crux.
Ich gehe jetzt nicht auf das mathematisches Verständnis von Durchschnitt ein oder versuche zu erklären oder zu beweisen, dass die genannten Veränderungen stimmen oder eben nicht.
Nehmen wir also mal an, es kommt so. Was hat dies denn zur Folge?
Nun, unser Leben wird sich radikal ändern und ALLES, wirklich ALLES wird anders.
Wir stehen zu einem anderen Zeitpunkt auf und wir schlafen zu anderen Zeiten. Wir genießen unser Leben meistens in der Nacht. Alle Alltagstätigkeiten werden sich ändern, wie und wann wir arbeiten, wie wir Urlaub machen und wo, wann wir feiern und Freizeit genießen und vor allem wie wir das machen.
Unsere Umgebung wird anders aussehen, Bewegung wird anders. Wohnen wird anders. Essen und Trinken wird anders.
Und kosten wird dies dermassen viel, dass wir über die bisherige Steuerlast nur milde schmunzeln werden. Alles wird neben dem Überleben - sprich geradeso ausreichend Nahrung etc. - der Investition in die generische Überlebensfähigkeit zu opfern sein.
Zu apokalyptisch, denkt sich jetzt der geneigte Leser, der bis hierher ausgehalten hat. NEIN !
Nehmen wir doch einmal den deutschen Wald. Wir müssen jetzt anfangen mit der vollständigen Abholzung aller Bäume, welche diesen Temperaturbedingungen nicht standhalten. Alle Nadelhölzer müssen gefällt werden, und weitestgehend alle Laubbäume bis auf evtl. Buche, Eiche, vielleicht noch Ahorn. Wir müssen sukzessive Baumarten pflanzen, die extreme Temperaturen und vor allem Temperaturunterschiede aushalten. Damit diese zum genannten Zeitpunkt stark genug sind, sagen wir nach 30 - 70 Jahren, müssen wir jetzt damit anfangen und jetzt abholzen und neu pflanzen. Jahrhundertwende ist in 75 Jahren, als wenn du jetzt Papa wurdest (~25 Jahre) dann ist das wenn dein Enkel Papa werden wird.
Alle Bauern müssen jetzt beginnen ihre Fruchtfolgen zu überdenken, alle ihre Äcker mit Überdachungen, bspw. mit PV-Anlagen, zu verschatten. Wasserreservoire zu bauen, mit denen sie in den trockenen Monaten die Äcker versorgen können. Aber selbiges dann eis-, kälte-, sturmresistent. Der Durchschnitt bedeutet ja, wenn die Sommer viel heißer werden, dass die Winter viel kälter werden müssen, um auf die “gering höhere” Durchschnittstemperatur zu kommen. Vertikal Farming wird dann unser Gemüse produzieren, aber eher in umgekehrter Richtung, nach unten statt nach oben.
Unsere Strassen müssen alle neu gemacht werden, da unsere bisherigen Asphalte für die Temperaturen gar nicht ausgelegt sind. Und mehr winterresistent müssen die auch sein. Haben wir solche Materialen überhaupt schon entwickelt?
Wir arbeiten dann früh morgens und abends, da wir tagsüber ausruhen und schlafen, da bei diesen Temperaturen an arbeiten gar nicht zu denken ist.
Schule findet zu anderen Zeiten statt.
Einkaufen findet nicht tagsüber statt.
Essen gehen und feiern nachts ab 23 Uhr bis in die Morgenstunde.
Freibäder gibt es nicht mehr, Hallenbäder sind nachts geöffnet.
Baustelle und Handwerk wird nachts im Flutlicht erfolgen.
Vielleicht sind unsere Wohnbauten dann auch unterirdisch, um die Erdkühle zu nutzen.
Grillen im Sommer an einem lauen Sommerabend - viel zu gefährlich, ist strengstens untersagt.
Bier trinken, können unsere Hopfenpflanzen hier dann überhaupt noch wachsen? Diesen beziehen wir dann wahrscheinlich aus Island oder Nord-Norwegen, vielleicht.
Weinanbaugebiete - ich lebe zwischen Rheinwein, Moselwein, Nahewein, Ahrwein und Rheinhessenwein - könnten dann prosperieren oder ausgetrocknet sein; ich als Weinliebhaber gehe natürlich von Ersterem aus ;-)
Falls - und das wird die für mich spannendste Zutat und Frage - wir die Pflanzen, Infrastrukturen durch die Winterstürme bringen. Vor allem für die jetzt gemäßigten Zonen werden die Unterschiede zwischen der Sommerzeit und der Winterzeit wesentlich zunehmen. Wenn es gut läuft haben wir eben wieder Winter wie zu meiner Jugendzeit, in der wir mit Schlittschuhen die Dorfstrasse hinabgesaust sind und am Dorfrand eine eigene Skipiste hatten. Wenn es nicht gut läuft hoffen wir jeden Winter, dass die Stürme uns die Dächer nicht vom Haus wehen - falls wir nicht schon unter die Erde gezogen sind.
Grundsätzlich kann mir das ja egal sein, meine vielleicht 15 Jahre kann ich noch wie bisher genießen, falls der bevorstehende Krieg nicht allzu viel Schaden anrichtet und zerstört.
Meinen Jungs habe ich vorsichtshalber schon mal geraten, sich das mit den Kindern gut zu überlegen. Warten wir mal ab, wie sie sich entscheiden.